Top500-Supercomputer: Exascale lässt auf sich warten, aber die Effizienz steigt

Die Supercomputer-Konferenz SC'21 startet mit neuen Rekorden bei der Energieeffizienz, aber ohne die erhofften Exaflops-Systeme auf der 58. Top500-Liste.

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Der Preferred Networks MN-3 ist Effizienzmeister auf der Green500-Liste

(Bild: YouTube/Preferred Networks)

Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Andreas Stiller
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Die diesmal wieder mit Präsenz (aber auch online) in St. Louis/USA durchgeführte Supercomputer-Konferenz SC'21 beginnt mit einer Enttäuschung: von Exascale-Systemen ist auf der 58. Top500-Liste nichts zu sehen, weder aus den USA, noch aus China. Von chinesischen Exascale-Projekten wird man laut Programm aber dies und das in den SC'21-Vorträgen hören.

Nichts zu sehen ist auf der heute veröffentlichten Liste auch vom groß angekündigten "Frontier" am Oak Ridge National Lab, der angeblich "on track by the end of 2021" sein sollte. An der Spitze der Top500-Liste hat sich also wenig getan, erst auf den Plätzen 10, 11 und 12 stehen Neulinge, davon einer aus der Cloud.

Auf Platz 10 liegt ein "Voyager"-System aus der Microsoft-Cloud Azure mit AMD Epyc 7V12 (Rome) und Nvidia A100 sowie 30 Petaflops (PFlops).

Auf Platz 11 und 12 folgen zwei HPE Apollo 6500, ebenfalls bestückt mit AMD-Epyc-Prozessor und Nvidia A100, aber schon mit der dritten Epyc-Generation Milan (Epyc 7543). Auf Platz 11 liegt der SSC-21 von Samsung in Korea und auf Platz 12 jener "Polaris", den das Argonne National Lab kaufte, weil Intel den "Aurora" erst 2022 liefern will. Mit 23,8 PFlops rechnet die Notlösung ganz schön hurtig.

Top10 der 58. Top500-Liste vom November 2021 (10 Bilder)

Nr. 1

Bleibt unangefochten die Nummer 1: Japans Fugaku am Forschungsinstitut Riken kommt ausschließlich mit ARM-Prozessoren (samt integrierten SVEs) auf 442 PFlops.
(Bild: Riken Center for Computational Science)

Zu den Top500-Plätzen 1 bis 9 kann man also fast nichts Neues sagen, außer dass Perlmutter auf Platz 5 noch ein bisschen ausgebaut wurde. Vorne rangiert wie auf der 57. Top500-Liste vom Juni dieses Jahres unangefochten der japanische Fugaku mit Fujitsu A64FX-Prozessoren und 442 PFlops im Linpack-Benchmark, vor den beiden amerikanischen Systemen Summit und Sierra mit IBM Power9 und Nvidia GV100. Europas Schnellster ist damit weiterhin der JUWELS Booster in Jülich auf Platz 7 mit 71 PFlops.

Der ebenfalls für 2021 angekündigte EU-Champion LUMI findet sich nur mit seiner reinen CPU-Partition LUMI-C auf Top500-Platz 78. Darin liefern die 194.560 CPU-Kerne von 3040 AMD-Epyc-7763-Prozessoren zusammen 6,3 PFlops. Offenbar rechnen die AMD-Instinct-MI-Beschleuniger von LUMI-G noch nicht mit, die LUMI auf fast 400 PFlops katapultieren sollen: Das wäre Rang 2 der aktuellen Top500-Liste gewesen.

Die Green500-Liste der energetisch effizientesten Supercomputer ist mittlerweile Teil der Top500-Liste. Der Rechenbeschleuniger MN-Core der japanischen Firma Preferred Networks ist bei der Effizienz das Maß der Dinge: Der damit (und mit Intel Xeon Platinum 8260) bestückte Cluster MN-3 liegt mit 2,18 PFlops zwar nur auf dem Top500-Platz 301, nimmt aber auch nur 55 Kilowatt (kW) Leistung auf, also 0,055 MW. Daraus ergeben sich 39,4 Gigaflops pro Watt (GFlops/W) – das ist fast genau die Effizienz von 40 GFlops/W, die man früher mal für Exascale-Systeme anpeilte, also 1 EFlops bei 25 MW.

Auf den Plätzen 2 bis 9 der Green500-Liste folgt eine Phalanx von acht Superrechnern mit Nvidia A100, der schnellste davon ist Perlmutter auf Top500-Platz 5. Die A100-Rechner liefern zwischen 30,8 und 25,01 GFlops/W. Auf Green500-Rang 10 steht ein weiterer Effizienzspezialist aus Japan, der NA-IT1 mit AMD Epyc 7702P und Pezy-SC3-Beschleunigern (ZettaScaler 3.0 mit 24,58 GFlops/W). Der aktuelle Top500-Spitzenreiter Fugaku rangiert in der Green500-Liste auf Platz 23 (15,4 GFlops/W).

Insgesamt stieg die Performance der kompletten Top500-Liste lediglich um 8,6 Prozent auf 3,04 EFlops, ein sehr niedriger Zuwachs in der fast 30-jährigen Geschichte dieser Liste. Nur einmal gab es im November 2019 schwächeres Wachstum. In Sturm- und Drangzeiten waren hingegen 30 Prozent und mehr pro Halbjahr üblich. Die "Einstiegsbedingung" kletterte von 1,52 auf 1,65 PFlops.

AMD gehört insgesamt klar zu den Gewinnern. Mit 28 neuen Systemen – etwa hälftig Milan (Epyc 7003) und Rome (7002) – hat AMD seinen Anteil in der Liste deutlich von 49 auf nunmehr 73 gesteigert. Intel brachte zwar 42 neue Systeme auf die Liste – merkwürdigerweise bis auf einen Dell PowerEdge alles ThinkSystems von Lenovo –, aber weitaus mehr Altsysteme fielen heraus. So konnten sich nur noch 408 von zuvor 431 platzieren. Noch ist also die Vormachtstellung von Intel deutlich, aber sie beginnt zu wackeln. Ebenfalls bedenklich für Intel: nur 3 der 42 Neuplatzierten waren mit den speziell für HPC und KI optimierten Multichip-Modulen Ice Lake (Platinum 83xx) bestückt. Auf der vorigen Liste konnten sich derer noch acht einbringen, die Akzeptanz scheint zu schwinden.