Qualcomm sabotiert angeblich seinen eigenen "Oryon"-Prozessor aus Profitgier

Qualcomms erster Prozessor mit Nuvia-Kernen soll eigentlich gut sein. Firmenpolitische Entscheidungen könnten ihn aber ineffizient laufen lassen.

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Edel-Notebooks verschiedener Hersteller

(Bild: c't)

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Hinter Qualcomms Kulissen soll es wegen des ersten Notebook-Prozessors mit Custom-CPU-Kernen der zugekauften Firma Nuvia brodeln. Dabei sollen die Erwartungen eigentlich erfüllt worden sein: Die CPU-Kerne liefen angeblich schon im ersten Stepping (A0) zufriedenstellend und auch der gesamte Prozessor hätte eine gute Figur gemacht, berichtet die Webseite Semiaccurate.

Das ist nicht selbstverständlich, vor allem bei komplett neu entwickelten CPU-Kernen. Hinter Nuvia steckten unter anderem frühere Apple-Ingenieure. Semiaccurate will aber aus Firmenkreisen erfahren haben, dass vor allem firmenpolitische Entscheidungen den Oryon-Prozessor zu einem Flop machen könnten. Er debütiert 2024 wahrscheinlich als Snapdragon 8cx Gen 4 mit 12 Kernen.

Demnach will Qualcomm den Oryon-Prozessor ausschließlich in Paketen mit eigenen Power-Management-Schaltungen (PMICs) verkaufen. Das überrascht nicht; bei Smartphones sind Qualcomm-Bundles bestehend aus Prozessor und zusätzlicher Funktechnik üblich. Das Problem bei PMICs: Qualcomm hat keine eigenen im Sortiment, die sich für Notebooks eignen. Und Oryon ist erst einmal nur für Windows-on-ARM-Notebooks gedacht.

Die PMICs für Smartphones können nicht mit den höheren Strömen umgehen. Deswegen sollen es vier bis sechs parallel geschaltete PMICs richten, was neue Probleme mit sich bringt: Die Variante ist ineffizient, erhöht also spürbar die Leistungsaufnahme des Systems, was wiederum die Akkulaufzeit reduziert. Außerdem ist sie viel teurer.

Notebook-Hersteller müssten demnach nicht nur die 4-6 PMICs bezahlen, sondern auch überkomplexe Platinen entwerfen. Die Chips erfordern niedrige Lötabstände und – parallelgeschaltet – viele PCB-Lagen. Der Einsatz eines Standard-PMICs von einer Drittfirma wäre laut Semiaccurate so deutlich günstiger, dass Notebook-Hersteller bereit wären, Qualcomms Bundle zu kaufen und dessen PMICs schlicht nicht zu verwenden. Qualcomm soll das jedoch mit einem proprietären Kommunikationsprotokoll verhindern.

Um die Notebook-Hersteller trotzdem bei der Stange zu halten, verteilt Qualcomm angeblich Rabatte – die die Einnahmen mit den PMIC-Verkäufen übersteigen sollen. Sollte die Firma an dieser Strategie festhalten, wären Nutzer die Leidtragenden.

Potenziell könnte sie auch zu Verzögerungen führen. Offenbar lässt Qualcomm beim Chipauftragsfertiger TSMC noch einen Respin mit kleineren Änderungen am Chipdesign durchführen. Womöglich steht dieser im Zusammenhang mit der PMIC-Lösung.

(mma)